06.05.2025
IHK-Vollversammlung wählt neue Vizepräsidentin und diskutiert mit Ministerin Scharf über Arbeitskräftemangel
Einstimmiges Votum für Katharina Venus - Arbeitskräfte-Positionspapier an Ministerin übergeben
Eine wichtige Wahl sowie ein Schwerpunkt auf Arbeitsmarkt und Fachkräfte haben die vergangene Sitzung der Vollversammlung der IHK Niederbayern in Passau geprägt. Die Unternehmer in diesem „Parlament der Wirtschaft“ haben Katharina Venus (Tonwerk Venus, Schwarzach) zur neuen Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer gewählt. Die 36-Jährige folgt in dieser Funktion Christoph Kämpf nach, der Anfang des Jahres überraschend verstorben war. Nach dieser wichtigen Personalentscheidung stimmten die Unternehmensvertreter über wirtschaftspolitische Positionen der IHK ab, unter anderem zur Arbeitsmarktpolitik. IHK-Präsident Thomas Leebmann konnte ein Positionspapier mit dem Titel „Arbeitskräfte gewinnen – Arbeitsmarkt deregulieren“ dabei gleich an die richtige Ansprechpartnerin übergeben: die bayerische Arbeitsministerin Ulrike Scharf.
Positionspapier zum Thema Arbeitsmarkt an Staatsministerin Scharf übergeben
Leebmann sprach in diesem Zusammenhang von einem „gespaltenen Arbeitsmarkt“: Während die Beschäftigungspläne in der niederbayerischen Industrie sowie im Handel laut IHK-Umfragen weiter rückläufig sind, erwarten etwa Dienstleister und Tourismus eine leicht steigende Beschäftigung. „Der Arbeits- und Fachkräftemangel bleibt ein ganz entscheidendes Entwicklungsrisiko und Wachstumshindernis. Und dieser Mangel wird sich in Zukunft noch weiter verschärfen“, betonte der IHK-Präsident. In dem verabschiedeten Positionspapier sind daher konkrete Maßnahmen aufgeführt, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen: von einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit über die Unterstützung für mehr Erwerbstätigkeit von Frauen und die längere Beschäftigung von Älteren bis zur erleichterten Fachkräftezuwanderung. Auch der Punkt „Abbau von Fehlanreizen“ wird genannt. „Unsere Unternehmen sind überzeugt: Das Steuersystem und die Sozialleistungen müssen so gestaltet sein, dass Beschäftigung gefördert wird und dass es sich lohnt, mehr zu arbeiten statt weniger“, sagte Leebmann an Scharf gewandt.
Staatsministerin Scharf verspricht mehr Tempo bei qualifizierter Einwanderung
Die Ministerin griff die Forderungen der Wirtschaft auf – und pflichtete den Unternehmern bei: „Wir hätten bei den Arbeitskräften viel mehr Potenzial. Aber wir brauchen die richtigen Rahmenbedingungen.“ Scharf verdeutlichte, was die Staatsregierung und ihr Ministerium dafür leisten wollen. So müsse die berufliche Bildung weiter gestärkt werden, bisher ungenutzte Potenziale wie etwa Ältere oder Langzeitarbeitslose aktiviert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Die Ministerin sprach sich ebenfalls für spürbare Erleichterungen bei der Fachkräftezuwanderung aus. Notwendig sei hier „mehr Geschwindigkeit im System“. Der Freistaat wolle dafür das im Pflegebereich erprobte Modell der sogenannten „Fast Lanes“ auf weitere Berufe ausweiten.
Mit Blick auf die neue Bundesregierung sowie die zurückliegenden Koalitionsverhandlungen äußerte sich Scharf außerdem zum Thema Bürgergeld und Grundsicherung. „Unser Ansatz muss sein: Wir aktivieren, wir fördern – aber wir müssen auch fordern von denen, die Arbeit suchen.“ Das Fazit der Ministerin dazu: „Nur wenn es der Wirtschaft gut geht, können wir sozial stark sein.“ Den Mittelstand, der auch die Wirtschaft in Niederbayern prägt, würdigte Scharf dabei als Wohlstandsgarant, Innovationsmotor sowie „das Herzstück unserer Wirtschaft“. Deswegen müsse jetzt ein Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik erfolgen, mit einem Fokus auf Wachstum, weniger Bürokratie und Entlastungen für die Wirtschaft. „Wir alle warten auf diesen Richtungswechsel – wir brauchen diesen Ruck und die niederbayerische Wirtschaft ist bereit, ihren Teil dazu beizutragen. Jetzt kommt es aber auf die Umsetzung an“, bekräftigte IHK-Präsident Leebmann.
Geschäftsführer der AHK Ukraine gibt Einblicke
Weiterer Gast in der IHK-Vollversammlung war Reiner Perau, Geschäftsführer der Auslandshandelskammer Ukraine. Er lieferte ein realistisches Bild der sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Lage im Land. Die ukrainische Wirtschaft liege keineswegs am Boden, erläuterte Perau. Nach einem Einbruch zu Kriegsbeginn wachse die ukrainische Wirtschaft jährlich um rund fünf Prozent. Am Wiederaufbau der Ukraine könnten sich niederbayerische Unternehmen bereits jetzt beteiligen. Besonders in den Bereichen Bau und Verteidigung werde gerade massiv investiert. „Die Ukraine ist nach wie vor ein Wirtschaftspartner, mit dem man etwas anfangen kann", zeigte sich der Experte überzeugt.